Teichmühle Steinwiesen

Museum und Betrieb zugleich

Die Steinwiesener Genossenschaftsmühlen

Im Jahre 1862 schnitten bei uns im Frankenwald 132 Schneidsägen das hierfür vorgesehene Holz zu Brettern und Bauholz. Bei einer durchschnittlichen Leistung von 400 bis 500 fm konnten diese kleinen Frankenwaldmühlen, die von einem klappernden Wasserrad angetrieben wurden und meist nur ein Sägeblatt hatten, doch jährlich ca. 60 000 Festmeter Forstholz aufarbeiten.

Bretter brauchten viele Handwerker allen voran die Schreiner, Zimmerer, Dachdecker, Bodenleger, Büttner, Wagner und Drechsler zum Weiterverarbeiten, aber auch zum Einrüsten für Gebäude und Brücken waren sie von Bauhandwerkern gesucht. Daneben wurden sie für die Verkleidung von Wänden und Decken an landwirtschaftlichen Gebäuden (Scheunen, Ställe, Hallen, Zäunen) dringend benötigt.

Die Flößer hingegen brauchten gerades Langholz für den Transport auf dem Wasser und für den Export ins Ausland. Gesucht waren hier vor allem die Holländerstämme von über 20 m Länge und 42 cm mittlerem Durchmesser, aber auch Bauholz wurde als 6er bis 10er Boden von 12 bis 16 m Länge zu Wasser in die holzarme Fachwerklandschaft nach Unterfranken transportiert.

Die Mühlen erhielten dagegen Kurzholz als 3 m oder 4 ,2 m lange Blöcher im Wege der Trift oder per Fuhrwerk. Die anfallenden Sägespäne holte man als Einstreu, aber auch die Latten und Schwarten fanden in Haus und Garten Absatz. Alles Übrige konnte man verbrennen.

Da die Landwirtschaft hier wegen der kargen Böden, dem hügeligen Gelände mit engen Tallagen und dem kühlen Klima nicht so ertragreich war, waren viele Bewohner auf ein weiteres Einkommen angewiesen. Dieses bot hier u. a. der Wald als reichlich nachwachsender Rohstoff und die Beteiligung an einer Schneidmühle.

2/3 aller Schneidmühlen im Frankenwald waren nämlich Genossenschaftsmühlen. Die übrigen 48 standen meist mit Mahlmühlen oder Hammerwerken in Verbindung und gehörten dann diesem Eigentümer. Der Besitz eines Schneidmühlanteils war damals meist eine gute und besonders in Steinwiesen beliebte Geldanlage, denn man konnte sein eigenes Holz wirtschaftlicher nutzen, aber auch Staatsholz zum Vorzugspreis erwerben und auf der Mühle beim eigenen Schneidtag sägen lassen. 

Durch eigene Mithilfe konnte man ferner den Ertrag verbessern. Ein Mühlenanteil konnte hier ein Sechstel bis 3 ganze Schneidtage bedeuten, je nach Kapitaleinsatz. Die geschnittenen Bretter konnte man leichter und besser verkaufen als Rundholz und außerdem erhielt man einen Anteil am Mühlenertrag am Jahresende. Diesen ermittelte der Mühlvogt und er wurde bei der Jahresabrechnung ausbezahlt.

Der Mühlvogt war der gewählte Vertreter und Geschäftsführer der Mühle. Er führte Buch und loste auch den jeweiligen Schneideinsatz der Genossen aus und erstellte hierüber ein „Zahngbrett“, ein Brett, auf dem die jeweiligen Anteilseigner mit ihrem Hauszeichen und ihrem Schneidtermin festgehalten waren. Wer jeweils zum Schneiden dran war, sagte allen, er sei heute „auf der Zech“. Das hieß so viel wie: er hat heut Holz-Erntetag, der Lohn für all die Mühen, die er mit seinem Wald hatte, angefangen von der Holzpflanzung und Pflege bis zur Baumfällung, dem Entasten und Entrinden und Kurzschneiden, der Blöchertrift in die Mühle, dem Kennzeichnen seiner Blöcher und nun dem Bretterschnitt.

Ein guter Waldbauer half gern am Gatter mit, denn dann konnte der Schneidmüller mehr schaffen und die Sägereste wanderten nicht in fremde Hände.

Der Ertrag einer Sägemühle hing ab vom Wasser und vom Holzvorrat, aber auch vom angestellten Schneidmüller und vom gewählten Mühlvogt. Gute Schneidmühlen im Steinwiesener Tal konnten damals schon einen Jahresertrag von 500 Gulden vorweisen, der auch anteilig ausbezahlt wurde. Das war dann neben dem Bretter-Ertrag ein gutes Zubrot und es kam mit dem Geldsegen große Freude ins jeweilige Haus.

Bei uns im Frankenwald besaßen insgesamt 1121 Bewohner an den vorhandenen 81 Genossenschaftsmühlen ihren Anteil.

Besonders stark war dieses Genossenschaftssystem hier in Steinwiesen zu finden. Die 13 Steinwiesener Sägen waren nämlich alle so organisiert und hatten insgesamt 336 Besitzer, gefolgt von Wallenfels mit 10 Sägen und179 Eigentümern sowie Marktrodach mit 15 Sägen und 168 Inhabern. Wer mehr über das Wesen der alten Schneidmühlen und das Leben dort wissen will, kann dies direkt vor Ort in der Steinwiesener Teichmühle erleben. Ein Besuch am Sonntag von Mai bis Oktober mit der ganzen Familie lohnt sich bestimmt. Die erfahrenen Museumsführer danken es Ihnen.

 

21.04.2017 Michael Kestel, Mühlenverein Rodachtal e.V.